Tolkien – Schöpfer von Mittelerde

Diverse Fantasy
9.3

Richtig gut

Sehr oft rezensiere ich Belletristik – also reine Fiktionen. Seltenst Sachbücher. Kommt dann mal ein Sachbuch zum Zug, dann finde ich das Rezensieren durchaus schwierig. So geht es mir auch bei dieser Rezension – denn es ist ein Sachbuch, definitiv. Ein Sachbuch zu einem Mann, ein Sachbuch zu Kunst und Kultur und gleichzeitig ein Sachbuch zu einer fiktiven Geschichte bzw. einer fiktiven Welt Namens Mittelerde.

Als begeisterter Reisender durch Mittelerde (sei es in Buch, Film oder Computerspiel) war ich begeistert, als ich feststellte, dass es ein Buch über Tolkien als Schöpfer von Mittelerde gibt, das aber keine reine Biographie ist (ich habe es nicht so mit Biographien). Vielmehr ist „Tolkien- Schöpfer von Mittelerde“ eine Mischung aus Biografie, Bildband und klassischem Sachbuch.
Das macht deshalb auch die Rezension so schwer.

Aber fangen wir einfach mal von vorne an: das Format des Buches ist gross – so wie man sich einen Bildband vorstellen kann. Und Klett-Cotta weiss sehr gut mit dem Format umzugehen und schenkt diesem besonderen Stück auch ein fantastisches Cover mit Goldlettern und einem wunderschönen Bild von J.R.R. Tolkien, welches die Ankunft von Bilbo und den Zwergen bei den Floss-Elben aus „Der kleine Hobbit“ zeigt. Viel besser kann man ein Cover kaum gestalten, oder?

Das über 400 Seiten starke Buch besteht dann aus zwei grossen Teilen: einerseits gibt es 6 Essays, die verschiedene Bereiche von Tolkiens Leben beleuchten. Einerseits finden wir eine kurze Biografie der Autorin über Tolkien, welche die wesentlichen Lebenspunkte berührt. So mag ich Biographien. Beispielsweise erfährt man hier mehr über die immer wieder beschrieben Freundschaft zwischen Tolkien und dem Narnja-Erschaffer C.S. Lewis. Auch liest man mehr über den Schreib- und Lesekreis der „Inklings“ welche Tolkien stark geprägt haben.
Ein eher schwer zu erfassendes Thema ist dann das Essay von Verlyn Flieger zum Thema „Faërie“ als Beschreibung des Fantastischen. Denn nicht nur für uns als Leser, sondern auch für Tolkien als Autor war das Beschreiben von Faërie äusserst schwierig. Er wusste genau, was er damit meinte – das aber als Worte niederzuschreiben, ist schwierig. Dennoch findet das Essay schöne Exempel, beispielsweise wenn es um den Verlauf bzw. die Geschwindigkeit der Zeit in Lothlórien geht.

Ein weiteres Essay geht auf die Erfindung des Elbischen ein. Tolkien war prädestiniert für die Erfindung von Sprachen – gerade als Sprachwissenschaftler. Man erfährt beispielsweise, dass er sich seine Kenntnisse der Sprachen zu Nutze gemacht hat, als er die verschiedenen Dialekte des Elbischen erfand. Hier steckt mehr drin als nur das einfacher Erfinden von einfachen Kunststprachen mit Kunstworten. Tolkien hat jahrelang am Elbischen gearbeitet und es darf mit Fug und Recht gesagt werden, dass es sich um wirkliche Sprachen handelt, mit all ihren Eigenheiten. Ich habe tiefsten Respekt vor diesem Mann.

Nach den Essays folgt mit „Der Katalog“ der längste Teil des Werks. Hier wird auf verschiedenste Exponate, die mehrheitlich in der Bodleian Library ausgestellt bzw. aufbewahrt werden. Angefangen mit verschiedensten Briefen, die an Tolkien geschrieben wurden, beispielsweise der allererste „Fanbrief“ des berühmten Kinderbuchautors Arthur Ransome mit einem Lob zum Hobbit. Aber auch Briefe vom oben erwähnten C.S. Lewis an Tolkien, der J.R.R immer wieder ermunterte, sein Werk (Herr der Ringe) zu beenden.

Danach folgen Fotos und erste Zeichnungen von Tolkien bzw. aus der Lebenszeit Tolkiens und seiner Umgebung. Ein grosser Teil gilt dann dem Werk von Tolkien. Angefangen vom Silmarillion, dem Hobbit und dann natürlich auch dem Herr der Ringe. Hier findet man ganz besondere Schätze als Fan von Mittelerde. Seien es alte Karten vom Silmarillion oder Zeichnungen von numenorischer Muster. Aber auch Titelseiten (oder erste Versuche davon) zum Herr der Ringe (der im ersten Entwurf noch „The Magic Ring“ hiess) finden sich in der Sammlung an Dokumenten.

Was besonders fasziniert dabei, sind die vielen detaillierten und sehr schönen Zeichnungen von Tolkien. So hat er zum Beispiel eine detaillierte Zeichnung des „alten Weidenmann“ aus dem alten Wald erstellt. Nicht fehlen dürfen natürlich die Zeichnung zu den Türen Durins (das Moria-Portal in Eregion oder von Moria selbst. Und selbstverständlich finden sich auch die Skizzen für die feurige Inschrift auf dem einen Ring im Buch wieder.

Zu fast allen Briefen, Skizzen, Zeichnungen und Fotografien finden sich erläuternde Beschreibungen mit mehr Details und Hinweisen zu Entstehung, Geschichte und Bedeutung, so dass man sich stundenlang in dieses Buch vertiefen kann und immer wieder Neues über Tolkien, sein Leben und sein Werk erfährt.

Ihr versteht vielleicht nun, warum es sehr schwer ist, ein solches Werk zu rezensieren. Denn es ist ein Gesamtwerk aus extrem vielen Einzelstücken eines Mannes, der ein ereignisreiches Leben hatte und eine ganze Welt inklusive aller Details erschaffen hat. Und für alle, die genau diese Details interessieren oder tiefer graben möchten, was das Werk Tolkiens anbelangt, für die ist dieses Buch ein klares Muss. Man braucht nicht mal viel Zeit mitzubringen, denn es reicht auch schon nur mal, das Buch eine Viertelstunde aufzuschlagen, ein Essay zu lesen oder sich in eine Zeichnung und deren Beschreibung zu vertiefen, um Stück für Stück tiefer in die Welt Tolkiens einzutauchen.

Von mir gibt es für dieses Buch eine klare Kaufempfehlung. Hier hat die Hobbit-Presse von Klett-Cotta alles richtig gemacht.
Und an dieser Stelle möchte ich mich auch herzlich dafür bedanken, dass mit Klett-Cotta ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat. Das ist nicht selbstverständlich – das Buch hat dafür aber auch gleich einen Ehrenplatz erhalten bei allen anderen Tolkien-/Mittelerde-Büchern im Regal.

Also – bis zum nächsten Mal in Mittelerde.
Euer,
Chris

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Tolkien – Schöpfer von Mittelerde

J. R. R. Tolkien ist Millionen von Leser bekannt als der Schöpfer und Erfinder einer eigenen Welt: Mittelerde. In diesem Band wird zum ersten Mal zugänglich gemacht, was die Bodleian Library an Schätzen zu J. R. R. Tolkien zu bieten hat. Damit liegt die umfassendste Darstellung über Leben und Werk des berühmtesten Fantasyautors vor.

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Tolkien – Schöpfer von Mittelerde
Chris

Chris ist 34, arbeitet in der IT und liest gerne spannende Thriller oder Science-(Fiction) Literatur. Zudem liebt er das Tolkien-Universum.

Positiv

  • Starker, sehr vielfälter Inhalt
  • Starke Essays
  • Unglaublich viele Karten, Fotos und Zeichnungen

Zusammenfassung

Poznanski kann besonders gut in der Ego-Perspektive schreiben, das wissen wir schon. Wenn sie uns dann noch einen nebulösen Hauptcharakter hinstellt, der eine genauso nebulöse Baumagnaten-Familie bespitzeln soll, dann könnte das interessant werden. Wird es auch - Poznanski startet mit "Vanitas" eine neue Thriller-Reihe, die definitiv Lust auf mehr macht.
9.3

Richtig gut

Inhalt - 10
Schreibstil - 8
Tiefgang - 10

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