„Origin“ von Dan Brown

Thriller
6.7

In Ordnung

Dan Brown hat es wieder getan: einen neuen Langdon-Roman geschrieben.

Wie fasziniert war ich damals bei Sakrileg über das Wissen dieses Professors, über die Rätsel und die aberwitzigen Auflösungen. Ich war richtiggehend hingerissen von der Art, wie Dan Brown seine Geschichten erzählt und Geheimnisse noch spannender macht und teilweise auch auflöst.
Nach Illuminati (überzeugend), das verlorene Symbol (geht so) und Inferno (gut) war ich also gespannt, wie der neue sich wohl schlagen würde:

Worum geht es in Origin?

Edmond Kirsch, Zukunftsforscher und Atheist präsentiert der Kirche und der Welt eine unglaubliche Entdeckung. Diese Entdeckung – so Kirsch – wird die Grundfesten der Religionen erzittern lassen.  Dummerweise gibt es Gegner, die unbedingt verhindern wollen, dass Edmond Kirsch seine Entdeckung wirklich enthüllt – und das mit allen Mitteln.
Aber da haben die Gegner nicht mit Robert Langdon gerechnet – mit Kirsch befreundet, der einst sein Schüler war. Robert Langdon wird alles daran setzen, die Entdeckung von Kirsch ans Licht zu bringen und das Rätsel um die Fragen „Woher kommen wir“ und „Wohen gehen wir“ zu lösen.

Und überzeugt der neue Dan Brown-Thriller nun?

Was spricht dafür

Ich bin leicht geteilter Meinung. Auf der Pro-Seite steht ganz klar: das Buch unterhält. Die Spannung wird über die über 650 Seiten aufrecht erhalten, viele Seiten beleuchtet und man erfährt auch hier wieder unglaublich viel über Kunst, Religion und Symbolik. Die Story ist eingängig, spannend und anregend. In „Origin“ trifft konservative Kirchengeschichte auf moderne Supercomputer. Und Dan Brown bringt diese Themen gekonnt unter einen Hut.
Als gläubiger Mensch ist „Origin“ erstmal schwierige Kost, was das Thema Evolution, Wissenschaft im Zusammenhang mit Glaube betrifft. Aber, auch die Religionen spielen einen grosse Rolle und Brown versucht es – Wissenschaft und Glaube im Rahmen eines Romans unter einen Hut zu bringen. Zu Beginn geht die Story klar in die Richtung „Hey Leute, Gott gibt es nicht“. Gegen Ende wird das zwar nicht grundsätzlich revidiert, aber der Autor versucht hier, den oben erwähnten Zusammenhang zu bauen – und zwar so, dass das Eine das Andere nicht ausschliesst. Ob es tatsächlich gelungen ist, sollte jeder Leser für sich entscheiden. Im Rahmen eines Thrillers auf jeden Fall ist der Versuch sicherlich angemessen zu honorieren.

Was spricht dagegen

Auf der Kontra-Seite stellt man einmal mehr fest, dass sich die Langdon-Romane wie immer ähneln. Beispiel: zu Langdon gesellt sich sehr bald eine Frau an seine Seite. Gemeinsam mit der Frau flüchtet man (in der Regel vor den Gesetzeshütern). Meistens wird übrigens aus den beiden kein Paar. Hmmm, kennen wir doch irgendwoher. Solche Beispiele finden sich immer wieder.

Dann dauert es auch sehr lange, bis die Story wirklich Fahrt aufnimmt. Der erste Teil im Guggenheim-Museum in Bilbao zieht sich über ganze 196 Seiten. Die „Action“ beginn erst auf Seite 149. Das ist viel Zeit, bis wirklich etwas passiert. Andererseits ist es auch gar nicht schlecht, dass sich Brown für die Einführung so viel Zeit nimmt. Denn es sind viele Themen, die angeschnitten werden und die erklärt werden wollen. Nicht zu vergessen sind auch etliche Rückblenden und Perspektivenwechsel, die auf diesen ersten 150 bzw. 200 Seiten zum tragen kommen.
Das wäre dann auch der zweite Kritikpunkt: die typischen Wechsel der Perspektiven sind in Origin doch extrem viel. Die Kapitel sind sehr kurz und es sind rund 4 verschiedene Perspektiven, die beleuchtet werden (Langdon, der Prinz von Spanien, das Königshaus von Spanien, Avila der Marineoffizier). Das mag spannend sein, ist auf die Dauer aber doch für meinen Geschmack zu viel.

Auch habe ich das Gefühl, dass sich Dan Brown sehr stark auf die Künstler und Kunstwerke und Theorien, die im Buch erwähnt werden, fokussiert. Manchmal denkt der Leser, er liest ein Sachbuch oder einen Reiseführer. Nicht, dass das in irgendeiner Weise uninteressant wäre – ganz im Gegenteil. Ich habe viel gelernt. Aber es verlangsamt die Story und hält sich manchmal künstlich auf. Hier wäre vielleicht weniger mehr gewesen.

Der letzte Kritikpunkt, den ich hier anbringen möchte ist die Vorhersehbarkeit. Vielleicht ging es nur mir so, aber nach dem 1. Drittel hatte ich eine Vermutung, wer „der Böse“ ist – nach der Hälfte erhärtete sich mein Verdacht und zu Beginn des letzten Viertels war die Sache dann quasi todsicher… und bestätigte sich auf den 10 letzten Seiten des Buches. Einerseits war ich hocherfreut darüber, dass ich recht hatte (muss man hier auch mal sagen), andererseits ist die Auflösung nur bedingt befriedigend. Logisch, aber nicht wirklich befriedigend.
Das gilt im Übrigen auch für die Rätsel und Symboliken im Buch – anders als gefühlt bei Sakrileg und Illuminati sind in „Origin“ Rätsel Mangelware. Viele Symbole dienen zur Erläuterung, mehr nicht. Es gibt nur ein grosses Rätsel: die Suche nach einem Passwort. Und dafür bräuchte es meines Erachtens nicht mal zwingend einen Professor Langdon, um es zu lösen. Hmmm, ist die Luft bei Brown raus?

Und das Fazit?

In einem Satz würde ich „Origin“ so bewerten: solider, lesenswerter und packender Thriller mit gewissen Längen und Wiederholungen (im Bezug auf vorherige Bücher) sowie einer gewissen Vorhersehbarkeit, die nicht unbedingt nötig gewesen wäre.

Positiv

  • Spannende Grundthematik
  • Solider Schreibstil
  • Einig unerwartete Wendungen

Negativ

  • Das bekannte Dan-Brown-Muster wiederholt sich
  • Längen vor alle im Mittelteil
  • Wenig Rätsel

Zusammenfassung

Ein solider Dan Brown ist "Origin" definitiv. Die Grundidee ist klasse, die Story grundsätzlich spannend (und mit der KI die Langdon begleitet ganz witzig) und die Spannung ist in Ordnung. Aber was fehlt ist das, was die ersten beiden Romane so genial gemacht haben: die Rätsel und die Symbolik. Die kommen hier massiv zu kurz. Leider.
6.7

In Ordnung

Storyline - 7
Spannung - 7
Schreibstil - 6

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