Eine Billion Dollar – von Andreas Eschbach

Romane
7.7

Gut

Eigentlich ist mein Chef schuld… Schuld daran, dass ich hier einen Roman rezensiere, den ich eigentlich nur wegen ihm kenne. Schuld daran, dass diese Rezension nicht so ganz einfach ist – denn er hat mich mit Eschbach „bekannt“ gemacht. Und dank ihm hab ich mir Eschbach angetan. Und zwar in erster Linie als Hörbuch. Perfekt für längere (und je nach Spannungsgrad der Geschichte sowie Konzentrationsfähigkeit meiner selbst auch für kürzere) Fahrten im Auto.

Das erste Buch von Eschbach, dass ich mir zu Gemüte geführt habe war „Herr aller Dinge“. Beim Lesen des Klappentext war ich mir noch nicht ganz sicher, ob mir „Herr aller Dinge“ gefallen würde. Nach dem Anhören war klar: mehr Eschbach bitte! So habe ich mir dann auch „Eine Billion Dollar“ direkt als Hörbuch zugelegt. Das doch umfangreiche Werk (als Taschenbuch rund 900 Seiten, als Hörbuch über 28 Stunden ungekürzt) hat eine Weile gebraucht. Aber wie rezensiert man „Eine Billion Dollar“ denn nun am Besten? Fangen wir vorne an:

Stell dir vor, du erbst – ne Menge Kohle!

John Fontanelli ist ein junger Mann, der es im Leben zu noch nicht allzu viel gebracht hat. Er verdient sein Geld mit Pizza ausfahren, lebt in einer WG, hat Pech in der Liebe und definitiv kein Geld. Aber das ist für John eigentlich in Ordnung. Ist alles nicht so dramatisch. Bis er eines Tages von Anwälten auf Florenz informiert wird, dass er geerbt hat. Und zwar so richtig geerbt: eine Billion Dollar (1000 Milliarden, für die, denen die Nullen grad zu viel wurden). So viel Geld wie man es als normaler Mensch gar nicht wirklich ausgeben kann. Daran geknüpft eine geheimnisvolle Prophezeiung, dass der Erbe der Menschen Ihre verloren gegangene Zukunft zurückgeben soll.

Eine spannende Ausgangslage, die der Autor auch genau so schildert, wie man sich das vorstellt: erstmal klären, was man mit derart viel Geld alles machen könnte – dann mal eben einen Twist reinbringen; ist John wirklich der Erbe? Und nach und nach feststellen, wie viel Geld eine Billion Dollar wirklich ist, und was man mit dem Reichtum anfangen soll.

Das macht auch John – er überlegt sich was zu tun sei. Und erhält dabei Schützenhilfe von einem Geschäftsmann, der die Prophezeiung gut kennt und lange auf den Moment der Erbauszahlung gewartet hat, um den Erben zu unterstützen. Der Geschäftsmann – McCain – hilft John, für sein Vermögen einen Sinn zu finden: die Welt um ihre Probleme zu bringen.

Darum geht es wirklich

Doch hier fangen die Probleme erst recht an: wie schafft man die Probleme der Welt aus der Welt? Was kann man tun, um Ungerechtigkeit, Überbevölkerung, Rohstoff-Verschwendung, Armut, Hunger und so weiter zu eliminieren? Mit diesem Thema beschäftigt sich nämlich „Eine Billion Dollar“ wirklich. Und hier kommt Eschbachs Stärke ins Spiel: Komplexe Zusammenhänge aus Ökonomie, Mathematik und Wirtschaft in einem grossen Kontext für den Leser einfach verständlich zu machen. Das gelingt Eschbach auch ganz gut. Das beherrscht er nämlich. Und ganz oft denkt man sich: der Mann hat recht! So muss es sein! Es werden verschiedene richtig gute Möglichkeiten aufgegriffen (die vielleicht auch für unsere Welt interessant wären?). Doch dann verpuffen die Ideen wieder – irgendwas passt nämlich trotzdem immer nicht.

Und als John dann auf einmal bemerkt, dass die ganze Sache noch viel tiefer geht, als McCain ihm das bewusst macht – als John die tatsächliche Tragweite von allem bemerkt, ist es für den Leser wie ein Schlag ins Gesicht: da hat man doch auf eine geniale Idee hingearbeitet und wird prompt wieder enttäuscht. Denn die Basis des Problems liegt noch tiefer. Dem Leser wird das auf einer Reise von John auf die Philippinen vor Augen geführt. Die Grundfrage die sich da stellt ist: von wem werden die Korallenriffs der Region zerstört? Antwort: die Bewohner des Dorfs. Warum tun sie das? Antwort: weil sie mit Dynamit fischen. Warum fischen Sie denn mit Dynamit: weil sie nur so die Menge an Fischen fangen, die sie benötigen…. und so weiter. Dieser Teil ist ein wichtiger Schlüssel für den Rest der Geschichte.

Und hier – liebe Blogleser – beginnt nun leider die Enttäuschung, die sich bei mir am Ende breit gemacht hat: nach der fundamentalen Erkenntnis von John, dreht sich die ganze Geschichte. Langsam, aber sie dreht sich. Irgendwann nimmt der Handlungsbogen massive Fahrt auf und John – der sich ganz oft von anderen Menschen etwas sagen lässt – kommt auf eigene Ideen. Diese sind sogar relativ gut, leider aber – anders als davor – nicht ganz zu Ende gedacht. Es werden zeitenweise Gedankensprünge gemacht, die man nicht vollkommen nachvollziehen kann. Und dann eben das Ende: das Ende hat mich tatsächlich – anders als bei „Herr aller Dinge“ wirklich enttäuscht. Denn Eschbach denkt seine letzte Idee nicht zu Ende, sondern lässt sehr viel offen.

Ein offenes Ende muss grundsätzlich nicht schlecht sei. Ich mag offene Enden zwischendurch ganz gern. Aber nicht hier: zu viele Fragen bleiben ungeklärt, einige Storystränge, die verfolgt werden, werden nicht beendet. Das erinnert mich – in anderer und abgeschwächter Form – etwas an das Ende der Serie LOST. Und zwar auf verschiedenen Ebenen (tatsächlich ;)). Vermutlich möchte Eschbach dem geneigten Leser hier selbst die Möglichkeit geben, die Gedanken weiterzuspinnen. Oder aber – und auch diese Vermutung liegt nahe – war das grosse Ganze vielleicht einfach zu viel für Eschbach. Denn sein Buch will nichts Anderes, als in der Welt von John Fontanelli – der leicht veränderten Welt, mit vielen Anspielungen auf echte Ereignisse – alle Probleme auf einen Schlag lösen. Das kann gar nicht klappen. Oder? Vielleicht ist das Ende ein Gedanke in diese Richtung? Ich weiss es nicht mit Sicherheit.

Mein Fazit

Unterm Strich hat mir die Lektüre bzw. das Hörbuch viele interessante Stunden bereitet und einige wichtige Kenntnisse vermittelt, die nicht von der Hand zu weisen sind. Mein Lieblingsbeispiel: Geld arbeitet nie für dich… Geld vermehrt sich auch nicht einfach so mit Zinsen (sofern es die noch gibt). Denn: für deine Zinsen muss einer Arbeiten… irgendwer muss für deine Zinsen bezahlen. Hmmm.
Eschbach hat mit „Eine Billion Dollar“ ein richtig packendes Werk geschaffen, dass es mit der ganzen Welt aufnehmen will und auf weiten Strecken damit durchkommt. Schlussendlich geht es aber leider dann doch nichtganz auf und Eschbach scheitert am Ende, das aus meiner Sicht leider überhaupt nicht gelungen ist.

Eine Leseempfehlung gibts trotzdem – man muss Eschbach einfach mal geniessen, sonst hat man was verpasst 🙂

Positiv

  • Typisch Eschbach: brandaktuelle Themen
  • Komplexe Themen verständlich erklärt
  • Geniale Storyline, die manchmal zum Träumen anregt - oder auch nicht

Negativ

  • Das Ende!

Zusammenfassung

Ein klassischer Eschbach: lang, brandaktuell, tiefgründig, gut recherchiert und erklärt. Aber auch ein Eschbach mit einem Ende, welches alles andere als zufriedenstellend ist. Aber vielleicht wollte Eschbach das ja so.
7.7

Gut

Storyline - 9
Spannung - 7
Schreibstil - 7

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