Dass ich die Bücher von Andreas Eschbach mag, sollten inzwischen alle wissen. Eschbach ist der perfekte Mitfahrer. Deshalb habe ich mir nun auch noch „Der Jesus-Deal“ als Hörbuch ins Auto geholt und angehört. Der Jesus-Deal ist sogar nochmal 2 Stunden länger als Das Jesus-Video und kann als Fortsetzung zum Jesus-Video angeschaut werden. Aber ist es wirklich eine Fortsetzung? Und kann es an die Qualität des Jesus-Video anknüpfen?
Klappentext
Wenn Sie mit einer Zeitmaschine in die Zeit von Jesu Kreuzigung reisen könnten – würden Sie versuchen ihn zu retten?
Wer hat das originale Jesus-Video gestohlen? Stephen Foxx war immer überzeugt, dass es Agenten des Vatikans gewesen sein müssen und dass der Überfall ein letzter Versuch war, damit ein unliebsames Dokument aus der Welt zu schaffen.
Es ist schon fast zu spät, als er die Wahrheit erfährt: Tatsächlich steckt eine Gruppierung dahinter, von deren Existenz Stephen zwar weiß, von deren wahrer Macht er aber bis dahin nichts geahnt hat – die Gruppe ist schon so mächtig, dass in den USA niemand mehr Präsident werden kann, der sie gegen sich hat.
Die Videokassette spielt eine wesentliche Rolle in einem alten Plan von unglaublichen Dimensionen – einem Plan, der nichts weniger zum Ziel hat als das Ende der Welt, wie wir sie kennen …
Man möchte also denken, es geht wieder um Stephen Foxx im Jesus-Deal. Doch: Foxx hat nur eine kleine Nebenrolle in diesem Buch. Vielmehr kümmern wir uns um die Familie Barron: eine reiche christliche Familie. Und wir haben es mit der Tatsache zu tun, dass Mister Barron Zeitreisen durchaus für möglich hält und an einer Zeitmaschine arbeitet, um in die Zeit Jesu Christi zu reisen. Quasi als selbsterfüllende Prophetie will er dort die Videoaufnahmen machen – das Jesus-Video. Dafür scheut er weder Zeit, noch Geld noch irgendetwas anderes.
Das ist die Ausgangslage vom Jesus-Deal. Es braucht einen Moment, bis man in die neue Geschichte hinein kommt, denn die Charaktere sind neu, ein neues Setting, neue vertiefte Themen. Dennoch ist man rasch gefangen von der Story, die sich entwickelt.
Alte Bekannte neu gemacht
Aber selbstverständlich kommen auch alte Bekannte Ihre Auftritte. Allen voran John Caun. Er hat nämlich eine tragende Rollen im Jesus-Deal. Er ist nicht mehr der arrogante Möchtegern-Mogul, sondern leitet nun mit seinem Geschäftspartner eine Chipsfabrik in Oklahoma. Er ist verheiratet und hat eine kleine Tochter: Cathy.
Auch hier ergibt sich eine neue Geschichte. Wir lernen John Caun besser und vor allem anders kennen als noch im Jesus-Video. Und man fragt sich unweigerlich: was hat er denn mit der Geschichte, die sich entwickelt nun zu tun? Keine Angst, man erfährt es früh genug.
Auch andere alte Bekannte erhalten Ihren Auftritt: allerdings teilweise anders als man denkt und vielleicht auch kürzer als man denkt.
Zeitreise ad absurdum
Ein zentrales Thema ist im Jesus-Deal wieder die Zeitreise. Anders als beim Jesus-Video, wo man die Zeitreise nicht unternimmt, geht es im Jesus-Deal ans eingemachte: denn hier soll die Zeitreise zur Zeit Jesu Christi nun wirklich stattfinden. Wir erhalten also viele Einblicke in das Thema „Möglichkeiten temporaler Dislokation“ (ein fiktives Buch eines fiktiven Forschers). Es sind durchaus interessante Theorien zu den Zeitreisen. Auch Schrödingers Katze und ähnliche Gedankenspiele werden aufgegriffen (und natürlich gut erklärt).
Aber auch Eschbach hat natürlich mit den üblichen Problemen zu Kämpfen: Zeitreisen führen irgendwo immer zu einem Paradoxon. Das ist hier nicht anders – und es geht sogar ziemlich ad absurdum. Aber: das muss man Eschbach lassen – er umschifft die grossen Probleme oft gekonnt oder bringt mögliche Erklärungen aufs Tapet, welche durchaus funktionieren im Buch.
Religion ad absurdum?
Das zweite grosse Thema des Buches ist der christliche Glauben. Die Familie Barron ist fundamentalistisch christlich. Das wird in aller Ausführlichkeit präsentiert und aufgerollt sowie erläutert. Schön daran: bis auf wenige Ausnahmen äussert sich Eschbach weder positiv noch negativ darüber. Auch wenn ein gewisser Unterton nicht wegbleibt. Und man stellt fest: wie bei den Zeitreisen gibt es auch im Glauben viele ungeklärte und vielleicht paradoxe Punkte. Eschbach klärt diese natürlich nicht auf – wie sollte er das auch können. Aber er regt zum Nachdenken an. Und so sehe ich das Buch nicht als Aussage gegen den christlichen Glauben – manchmal sogar mehr dafür. Denn er unterscheidet ganz klar 2 Dinge: den Glauben an Gott bzw. Jesus Christus sowie die Kirche und die heutige Auslegung dessen, was Jesus gelehrt hat. Ich finde das einen durchaus interessanten Ansatz.
Und das Ende?
Ich will nichts vorwegnehmen, aber nachdem ich in anderen Rezensionen gelesen habe, dass das Ende als für nicht gut befunden wurde, muss ich hier etwas dazu sagen: mir hat das Ende sogar sehr gut gefallen. Die letzte Wendung fand ich durchaus cool (auch wenn ich es kurz vor der Enthüllung bereits wusste) und hat viele Fragen geklärt und die Geschichte schön aufgelöst (natürlich nicht das ganze Paradox, aber das kann vernachlässigt werden). Und auch der letzte Absatz war richtig gut. Das hat mir sehr gefallen 🙂 Ein typisches Eschbach-Ende halt 🙂
Fazit
Ich mochte den Jesus-Deal. Eine neue Story, Vertiefung von Religion und Wissenschaft (Zeitreise) macht hier eine klasse Mischung. Zwei gefühlt komplett unabhängige Geschichten (Barron / Caun) die aufeinander zuführen und sich gekonnt treffen, gepaart mit einer spannenden Geschichte voller Wendungen. Das ist ein klasse Eschbach.
Was ich witzig fand war, dass ich gewisse Dinge einfach habe kommen sehen. Ich habe an einer gewissen Stelle schon bei den ersten Anzeichen die richtige „Diagnose“ gestellt (ich sollte auf Arzt umsatteln oder so :D) und auch einige andere Dinge frühzeitig geahnt. Andererseits wurde ich bei der einen oder anderen Wendung auf dem falschen Fuss erwischt und war extrem überrascht, wobei im Rückblick genau diese Wendung sogar hätte vorhersehbar sein müssen. Aber das hat in jedem Fall viel Spass gemacht: zu ahnen, sich zu vergewissern und sich überraschen zu lassen.
Unterm Strich mag ich diesen Eschbach wieder sehr gerne. Einziger Kritikpunkt, den man anmerken könnte ist, dass sich die Story teilweise sehr zieht und langsam vorwärts geht. Aber mal ganz ehrlich: bei welchem Eschbach ist das denn nicht so 😉